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Die Wahrheit meines Vaters

Roman

Erschienen am 25.06.2007
Auch erhältlich als:
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783492048866
Sprache: Deutsch
Umfang: 538 S.
Format (T/L/B): 5.2 x 21 x 14 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Eine kleine, harmlose Erinnerung läßt Delia Hopkins keine Ruhe: Es ist ein Zitronenbäumchen, das sie nicht mehr aus ihrem Kopf bekommt. Delia steht kurz vor ihrer Hochzeit mit Eric, liebt das Leben mit ihrer kleinen Tochter Sophie und kann trotz des frühen Todes ihrer Mutter auf eine unbeschwerte Kindheit zurückblicken. Seit sie jedoch die vergilbten Hochzeitsbilder ihrer Eltern gesehen hat, spuken Erinnerungen durch ihr Hirn, mit denen sie nichts anzufangen weiß. Bevor sie mit ihrem Vater Andrew, dem angesehenen Leiter eines Altenheims, darüber sprechen kann, steht die Polizei vor der Tür und offenbart ein schreckliches Geheimnis über ihn. Delias Welt zerfällt vor ihren Augen, denn offenbar ist sie nicht die, für die sie sich 32 Jahre lang gehalten hat ...

Autorenportrait

Jodi Picoult, geboren 1967 auf Long Island, lebt heute nach ihrem Studium in Princeton und Harvard mit ihrem Mann und den drei Kindern in Hannover, New Hampshire. Sie gehört zu den faszinierendsten angelsächsischen Erzählern und besitzt die seltene Gabe, die Zerbrechlichkeit und Komplexität menschlicher Beziehungen in ihren Romanen festhalten zu können. 'Beim Leben meiner Schwster' (2005) und 'Die Wahrheit meines Vaters' waren große internationale Bestseller.
Mehr zur Autorin: www.jodipicoult.com

Leseprobe

Ich war sechs, als ich das erste Mal verschwand. Mein Vater hatte einen Zaubertrick für die alljährliche Weihnachtsfeier im Seniorenzentrum einstudiert, und seine Assistentin, die Sekretärin, die einen echten Goldzahn und falsche Wimpern so dick wie Spinnenbeine hatte, war krank geworden. Ich wollte meinen Vater gerade anflehen, mich einspringen zu lassen, da bat er mich, als würde ich ihm einen Gefallen tun. Ich war also sechs, und ich glaubte damals noch, mein Vater könnte mir tatsächlich Münzen aus den Ohren ziehen und aus den Falten von Mrs. Klebans Morgenrock einen Blumenstrauß holen und Mr. van Looens dritte Zähne verschwinden lassen. Er zeigte solche kleinen Tricks ständig für die alten Leutchen, die ins Zentrum kamen, um Bingo zu spielen oder Sitzaerobic zu machen oder sich alte Schwarzweißfilme anzusehen, bei denen der Ton knisterte wie Feuer. Ich wußte, daß einiges an den Zaubernummern unecht war ? der aufgeklebte Schnurrbart zum Beispiel und die Münze mit zwei Kopfseiten ?, aber ich glaubte ganz fest daran, daß der Zauberstab meines Vaters die Macht hatte, mich in eine Art Zwischenzone zu befördern, bis er es für angebracht hielt, mich zurückzuholen. Am Abend der Weihnachtsfeier scheuten die Bewohner von drei betreuten Seniorenwohnanlagen weder Kälte noch Schnee und ließen sich mit Bussen zum Zentrum fahren. Sie saßen im Halbkreis vor meinem Vater und schauten ihm zu, wie er einige Nummern vorführte, während ich hinter der Bühne wartete. Als er mich ankündigte ? die wunderbare Cordelia! ?, kam ich in einem Paillettenkostüm aus meiner Verkleidungskiste auf die Bühne. Ich habe an jenem Abend viel gelernt. Zum Beispiel, daß die Assistentin eines Zauberers die Illusion durchschauen muß. Daß es ausreicht, den Körper in einer bestimmten Weise zu verrenken und einen schwarzen Vorhang über dich fallen zu lassen, wenn du unsichtbar werden willst. Daß Menschen sich nicht in Luft auflösen und daß du, wenn du jemanden suchst und nicht findest, aus irgendwelchen Gründen an der falschen Stelle suchst.